Viele schöne Geschichten - Eindrücke aus Kamerun
Fremdsprachenlehrer*innen haben nicht nur das Ziel, den Schüler*innen eine Sprache beizubringen. Sie möchten auch, dass durch das Erlernen einer Fremdsprache Klischees abgebaut werden. Idealerweise passiert dies durch interkulturelle Begegnungen. Tatsächlich hat die Forschung gezeigt, dass sich während einer Reise und interkultureller Begegnungen, beispielsweise im Rahmen eines Schulaustausches oder des Studiums, die Klischees bei vielen verhärten.
Darauf weist u.a. Julián López Medina, Professor für die Didaktik des Spanischen als Fremdsprache an der Universidad Alicante, hin. Meist liegt das daran, dass wir vor allem auf das achten, was bereits als Klischee in unserem Bewusstsein vorherrscht (und häufig im Fremdsprachenunterricht ‚bestätigt’ wird). López Medina plädiert für ein kritisches interkulturelles Bewusstsein. Dabei ist es wichtig, dass in den Begegnungen einerseits das Bewusstsein für die vorherrschenden Klischees geschärft wird. Andererseits soll bewusst auf ‚anderes’ geachtet werden, auf das, was uns Menschen selbst über sich und ihre Kultur ‚erzählen’ möchten, auf andere Narrative. Und hier lässt sich die Forderung der nigerianischen Autorin Chimamanda Adichie wiedererkennen. Sie weist auf die Gefahren der ständigen Wiederholung einer „single story“, eines Narrativs hin. Wir werden blind für die Vielfalt anderer Kulturen und vielleicht auch für mögliche Gemeinsamkeiten mit Menschen anderer Länder und Kulturen.
Auf der Bildungsfahrt nach Kamerun haben wir Armut gesehen. Die Schulen sind karg ausgestattet, die Menschen können sich teilweise nur mit Gelegenheitsjobs über Wasser halten. Trotzdem können wir in erster Linie viele andere Geschichten erzählen, die Freude, Stärke, Resilienz, Solidarität und Zuversicht ausstrahlen. K., Lehrerin und Mutter von vier Kindern, schreibt auch an ihrer Dissertation und nimmt an einem Counseling-Programm für Frauen (WoCa) teil. Sie strahlt so viel Ruhe und Wärme aus, dass man sich in ihrer Gegenwart sofort wohlfühlt.
In der Schule haben wir gemeinsam mit unseren Tandempartner*innen und den Schüler*innen Projekte zum Thema Kolonialismus durchgeführt. Obgleich das Thema schwer verdaulich ist und die Jugendlichen bis heute betrifft und belastet, war so viel Stärke spürbar. Zwischendurch wurde sogar getanzt, gesungen und gelacht. Wenn man in Kamerun krank ist, dann ist man nie alleine. Tag und Nacht wacht jemand am Krankenbett und sorgt dafür, dass es einem bald besser geht. Das gibt Kraft und hilft der Seele.
Es ist wichtig, mit diesen Geschichten nach Hause zu fahren und sie zu erzählen, damit wir die Vielfalt wahrnehmen und das Menschliche sehen. Kamerun ist ein besonderes Land. Es ist ein Land reich an wunderbaren Menschen, reich an verschiedenen Ethnien und Sprachen, reich an Freude und Zuversicht.