Alex und Judith - Bildungsfahrt Bafoussam 2019

Stellt Euch bitte kurz vor

Judith: Ich heiße Adoube Mpele Judith epse Ntimban, bin 39 Jahre alt und lebe in Süd- Kamerun in der Stadt Ebolowa. Ich bin seit 14 Jahren als Deutschlehrerin tätig, erst im Lycée Classique Kaele und inzwischen im Lycée Classique et Moderne in Ebolowa.

Alex: Ich bin Alex Kudin, 42 Jahre alt und arbeite in der Nähe von Hamburg. Ich unterrichte vor allem in der Oberstufe. Wegen Corona konnten wir leider nicht die Kameruner Gäste bei uns in Hamburg empfangen.Ich bin verheiratet, habe eine Frau und drei Kinder, die 13, 10 und 3 Jahre alt. Ich komme aus Weißrussland, lebe seit 20 Jahren in Deutschland und arbeite seit 4 Jahren als Lehrer an einer ganz normalen Schule, einer Gemeinschaftsschule in Geesthacht, das ist in der Nähe von Hamburg. Zurzeit habe ich eine 12. Klasse, eine besondere Klasse und es macht Spaß, mit ihnen zu arbeiten.

Was war euer schönster gemeinsamer Moment in Bafoussam?

Alex: Das gemeinsame Unterrichten war mein schönster Moment in Bafoussam. Das war eine ungewöhnliche Erfahrung, die ich bisher nicht hatte: Ich konnte die Schüler*innen so schnell begeistern, die Schüler*innen waren so dankbar, für alles, was wir ihnen angeboten haben. Das Besondere war für mich, dass sie immer versucht haben, das Beste zu erreichen, dass sie so hartnäckig weitergearbeitet haben und dass sie sich nicht haben unterkriegen lassen. Sie waren immer so höflich und so leicht zu begeistern!!

Judith: Mein schönster Moment in Bafoussam, das war die Zusammenarbeit mit Alex, mit einem deutschen Kollegen, in einem Projekt mit Schüler*innen aus Bafoussam.

Gibt es ein Erlebnis/ Ereignis, das dich mit einer oder einem anderen Bildungsfahrtler*in verbindet?

Judith: Ja, es gab viele gemeinsame Erlebnisse, insbesondere mit Alex, aber auch mit Mariama, Sonia und Rodrigue.
Alex: Es war insgesamt eine sehr bunte Gruppe und ich möchte niemanden bevorzugt nennen, die ganze Gruppe war super! (Nach kurzem Überlegen:) Ein besonderes Erlebnis war, als wir abends die Lieder gesungen haben und Joseph so berührt war, als wir ein gesungen haben, da er gerade einen Freund verloren hatte. Das war das Lied „Sag mir wo die Blumen sind“. Wir hatten so intensive emotionale gemeinsame Erlebnisse! Die Kameruner waren so aufgeschlossen und haben auch viel getanzt, das war für mich etwas schwierig, weil ich ein anderer Typ bin, aber jetzt im Nachhinein kann ich darüber lachen.

Was habt ihr denn beruflich gelernt im Rahmen der Bildungsfahrt?

Alex: Ich habe ganz viel von Judith gelernt, wie man mit 40, 50 oder 60 Schüler*innen arbeiten muss und wie kreativ man im Unterricht sein kann. Wir arbeiten in Deutschland immer nach Standards, das war in Kamerun ganz anders, man musste viel flexibler sein. Wie man die Kinder richtig animieren kann, das hat Judith mir sehr eindrucksvoll gezeigt.
Judith: Bis jetzt habe ich viel gelernt mit Alex, insbesondere wie ich ein Projekt durchführen kann.

Ein großes Thema auf den Bildungsfahrten ist immer der Bereich Interkulturalität. Was war deine wichtigste Erkenntnis?

Judith: Die wichtigsten Erfahrungen in diesem Bereich war für mich die Reise nach Foumban und der Besuch einer Familie dort sowie die gemeinsame Durchführung eines Projekts für Schüler*innen.
Alex: Im Kern sind wir alle dieselben Menschen, wir sind alle gleich. Wir teilen viel mehr Gemeinsamkeiten als Unterschiede.

Was hat sich seit der Bildungsfahrt in deinem Leben – beruflich und privat – verändert?

Alex: Beruflich bin ich an einer anderen Schule und ich bin inzwischen verbeamtet. Es ist ein wenig Routine eingekehrt. Einiges hat sich auch privat verändert. Wir haben ein Haus gebaut. Meine Frau kommt aus der Ukraine, daher lebt gerade unsere Schwiegermutter bei uns. Das Leben geht weiter.
Judith: In meinem Leben hat sich nichts weiter verändert. Ich bin Mutter von drei Kindern, noch verheiratet und nach wie vor in demselben Gymnasium tätig.

Was ist zurzeit dein beruflicher Schwerpunkt? Womit beschäftigst du dich gerade?

Judith: Mich beschäftigt beruflich weiterhin, wie ich meinen Deutschunterricht motivierend gestalten und wie ich meinen Schüler*innen das Lernen der deutschen Sprache erleichtern kann.

Alex: Meine Klasse wird die Prüfungen in Wirtschaft/ Politik ablegen, damit bin ich sehr beschäftigt. Insgesamt gibt es beruflich viel Routine mit den Ferien, den Klausuren, den Konferenzen und ich würde die Bildungsfahrt sehr gerne noch einmal wiederholen. Eigentlich würde ich jedem empfehlen, mal ein paar Wochen woanders zu unterrichten!

Hat die Black-Lives-Matter-Bewegung eine Bedeutung für dich?

Judith: Von dieser Bewegung habe ich bisher noch nichts gehört.
Alex: Ja natürlich. Ich habe alles in den Medien verfolgt. Es geht ja auch um Populismus, man muss ja auch selber viele Fragen beantworten.

Stellt euch vor, es ist das Jahr 2033 und ihr begegnet euch in Kamerun. Was würdet ihr zusammen machen?

Judith: Im Jahr 2033 wäre ich 49 Jahre alt. Eine Begegnung in Kamerun, das wäre eine neue große Überraschung! Wir wären zusammen in Ebolowa und würden zusammen touristische Orte besuchen und die Kultur hier entdecken, wie zum Beispiel das Kameruner Essen oder auch den Palmwein. Ich wäre dann Leiterin des Gymnasiums und würde Ideen mit der Partnerschule in Deutschland entwickeln!
Alex: Vielleicht durch die Stadt gehen und uns daran erinnern, wie schön es war. Wir hatten viele Gemeinsamkeiten, wir haben beide Kinder und wir hatten einander immer viel zu erzählen.

Wir veröffentlichen im Sommer den neuen Newsletter. Welche Rubrik würde euch besonders interessieren?

Judith: Mir würde es gefallen, weitere Informationen zu den Tandems zu bekommen. Diese Rubrik lese ich besonders gerne.
Alex: Im Newsletter finde ich alles interessant, ich lese ihn sehr gerne. Besonders interessieren mich aber die persönlichen Berichte der Menschen!

Möchtet ihr jetzt noch etwas sagen?

Judith: Ich möchte noch sagen, dass ich natürlich Lust habe, eines Tages mal in Deutschland anzukommen, um die Bildungsfahrtler*innen aus Hamburg wiederzutreffen.
Alex: Es war schön, euch zu sehen! Ich habe mich sehr gefreut, dass ich für dieses Interview angeschrieben worden bin. Und ich hoffe, die Kameruner Bildungsfahrtler*innen bald in Hamburg begrüßen zu können!

Das Interview führten Aminatou Iya und Kirsten Böttger.

Newsletter - Juni 2023