Chimamanda Ngozi Adichie - Americanah!

Verehrte Leseratte,

der Titel von dem heute zu empfehlenden Meisterwerk der nigerianischen Autorin Chimamanda Ngozi Adichie vermittelt einen besonderen, anpreisenden Klang, wenn dieser von einer bzw. einem (nigerianischen) Heimkehrer*in (echte*r, oder nur erträumt – für viele Menschen im heutigen Nigeria ist es üblich, sich als amerikanische*r Heimkehrer*in zu rühmen), ausgesprochen wird: Americanah!

Der 2014 in deutscher Übersetzung erschienene dritte Roman von Adichie erhielt wie die anderen eine sehr positive Rezeption durch die Kritik, sodass er schon im Erscheinungsjahr 2013 mit dem National Book Critics Circle Award ausgezeichnet und 2015 von der BBC zu der Liste der 20 besten Romane der 15 letzten Jahre gewählt wurde
Der Roman wimmelt von Figuren allerart und unterschiedlichster Herkünfte, sei es aus dem aktuellen Nigeria, den frankophonen afrikanischen Ländern, Amerika bzw. dem Abendland insgesamt, aber im Vordergrund stehen die beiden Hauptprotagonist*innen Ifemmelu und Obinze, die durch ihr Hin und Herr zwischen Amerika, Großbritannien und Nigeria sowie ihre dabei erlebten Begegnungen die Schwarzafrikaner*innen und deren Schicksal in der heutigen globalisierten Welt repräsentieren.

Durch das Ansprechen von für die nigerianische Gesellschaft zentralen Themen (Militärdiktatur, die Macht der christlichen Religion, Lagos Girls, Wirtschaftsbetrug usw.) scheut sich die Autorin nicht, gegenüber der eigenen Heimatgesellschaft eine kritische Position zu beziehen. Aber auch die Auseinandersetzung mit Themen wie dem Postkolonialem Diskurs, dem Feminismus, dem alltäglichen Rassismus, den „american Blacks“ vs den eingewanderten Schwarzen, der Debatte um schwarze Haut und Haare usw. stellt das Buch die Schwarzen und ihr Zusammenwirken mit anderen in den Mittelpunkt der Betrachtung und wird damit nicht nur für schwarze Leser*innen interessant, sondern auch für alle anderen. Nicht zuletzt dadurch erreicht dieser Roman den ambitionierten Status eines Weltromans.

Das Werk ist in einer zugänglichen Sprache geschrieben und der für Adichie charakteristische Humor begleitet die Leser*innen, die die paar Hundert Seiten ohne eine einzige Sekunde der Langeweile „verspeisen“.

Chimamanda Ngozi Adichie: Americanah, Frankfurt, 2015.

Roberto Dzenti

Newsletter - Juni 2023